Isolation gegen die Krankheit: Was macht Corona mit unserer Psyche? Social Distancing ist das neue Stichwort im Kampf gegen das Coronavirus. Wir sollen zu Hause bleiben und möglichst wenig Kontakt zu anderen Menschen haben. Wie können wir dabei geistig gesund bleiben? Sie fühlen sich verunsichert? Vier hilfreiche Strategien! Angelika von der Assen

Psychologin, Mindfulness Consultant Angelika von der Assen

Wir fürchten vor allem den Kontrollverlust Es ist in Ordnung, Angst zu haben In Situationen wie dieser brauchen wir vor allem Mitgefühl

Das Coronavirus sorgt für weitere Todesfälle, die Börsen befinden sich im Sinkflug, die Weltwirtschaft womöglich vor einer ernsthaften Krise. Ständig erreichen uns Nachrichten, die uns zu schaffen machen. Viele Zahlen, Fakten, Prognosen – und trotzdem lässt sich die wirkliche Gefahr nur schwer abschätzen. Kein Wunder, dass wir verunsichert sind und angstvolle Gedanken sich ausbreiten. Denn der Kern unserer Angst entspringt aus etwas, womit wir Menschen ganz schlecht umgehen können: ohne Kontrolle zu sein. Angst ist ein natürlicher Urinstinkt

Das ist entwicklungsgeschichtlich nur zu verständlich, schliesslich war die Spezies Mensch für ihr Fortbestehen seit jeher darauf angewiesen, dass Dinge möglichst berechenbar und stabil sind: dass in der Wasserstelle Wasser ist, dass die Büffelherden an bestimmten Orten vorüberziehen, wenn auf den Winter jedes Jahr der Frühling folgt. Ohne Kontrolle zu sein löst daher auch heute Ängste und Befürchtungen aus, die man durchaus existenziell nennen kann, weil sie so erlebt werden. Obwohl sie es bei genauer Betrachtung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht sind. Sich aber wegen der eigenen Ängstlichkeit Vorwürfe zu machen oder die entsprechenden Gedanken unterdrücken zu wollen – das macht alles nur noch schlimmer. Und auch unsere Lieblingsstrategie gegen mangelnde Kontrolle, nämlich in Aktionismus zu verfallen (wie zum Beispiel Hamsterkäufe tätigen), ist sehr verständlich, aber nicht wirklich eine wirkungsvolle Bewältigungsstrategie. Was hilft: Wahrnehmen, sein lassen und Mitgefühl zeigen

Tipp 1: Awareness (Bewusstsein)

Stopp! Hören Sie einmal auf, über das Virus zu reden oder die Newsfeeds nach den neuesten Meldungen zu durchsuchen. Halten Sie inne und richten Sie Ihre Aufmerksamkeit so auf sich selbst, wie es ein freundlicher, nicht urteilender, aber sehr interessierter Beobachter tun würde. Werden Sie sich über folgende Fragen klar:

Wie reagiere ich auf diese Krise? Welche Gedanken sind es genau, die mich beunruhigen? Welche Bilder sehe ich vor mir? Tauchen Erinnerungen auf? Welche Gefühle sind da? Wo spüre ich diese in meinem Körper? Welche Handlungsimpulse spüre ich? Ist meine Besorgnis ansteckender und gefährlicher als das Virus selbst?

Atmen Sie ruhig, und nehmen Sie alles einfach wahr, ohne darauf zu reagieren oder sich damit zu identifizieren. Wenn Sie möchten, können Sie jeder Wahrnehmung einen Titel geben und beobachten, wie sie auch wieder vergeht („name it to tame it“ – gib ihm einen Namen, um es zu zähmen).

Tipp 2: Selbstmitgefühl

Es ist okay, besorgt zu sein und Angst zu haben. Erlauben Sie sich das, verurteilen Sie sich nicht dafür, etwas zu unterdrücken bringt nur mehr desselben. Seien Sie in dieser Situation einfach nett zu sich selbst. Achten Sie darauf, wie Sie mit sich selbst innerlich sprechen, und stellen Sie sicher, dass Sie dies in einer freundlichen, wertschätzenden Art und Weise tun. Tun Sie sich etwas Gutes, gönnen Sie sich etwas, verwöhnen Sie sich.

Tipp 3: Selbstmanagement

Füttern Sie Ihre Besorgnis nicht ständig weiter. Sich einmal am Tag zu informieren reicht völlig aus. Befolgen Sie die üblichen Ratschläge wie Händewaschen, Social Distancing und so weiter. Bleiben Sie achtsam, und achten Sie besonders darauf, dass Sie Ihre angstvollen Gefühle nicht einfach ausagieren, sondern aus Bewusstheit heraus auf die Situation antworten – wie schon in Punkt 1 beschrieben.

Tipp 4: Verständnis und Mitgefühl für Andere

Seien Sie sich bewusst, dass auch Ihre Mitmenschen besorgt und angstvoll sind und dass ihr Verhalten einfach angstgesteuert sein kann. Das ermöglicht ein grösseres Verständnis für die Menschen in ihrer Umgebung. Bleiben Sie freundlich und gelassen.

Und gesund. Das wünsche ich Ihnen!

Veröffentlicht: Montag, 16. März 2020

 

 

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